Seit 2005 betreibt der Energieriese e-on in Emden ein Biomasseheizkraftwerk. Täglich werden hier große Mengen Altholzschnitzel verbrannt und in elektrische Energie umgewandelt. Mit einer luftunterstützten Gurtförderanlage optimiert das Unternehmen nun den Transport des nicht ganz unproblematischen Brennstoffes.
„Wir hatten beim Bau des Kraftwerkes einen 110 Meter langen Trogkettenförderer für den Transport des Brenngutes zwischen Silo und Brennkessel installiert,“ erklärt Hans Jürgen Bleeker, Werksleiter des Biomasseheizkraftwerks Emden (BKE). „Was wir damals nicht wussten – diese Technik verschleißt sehr schnell. Denn wir haben es bei Holzschnitzeln mit einem problematischen Stoff zu tun, dessen hoher Staubanteil sich in alle Gelenke setzt und dort enorme Reibung verursacht.“ Eine frühe Grundsanierung wurde früher als erwartet notwendig.
Bei der Entscheidungsfindung für eine neue Technik konnte man sich auf Referenzen im eigenen Werk beziehen. Denn bereits seit der Inbetriebnahme des BKE werden die Holzschnitzel zwischen Anlieferung und Zwischenlagerung im Silo störungsfrei über eine luftunterstützte Gurtförderanlage transportiert. Dabei handelt es sich um ein druckluftunterstütztes Transportsystem für Schüttgut – in der deutschen Kraftwerkstechnik bisher weitgehend unbekannt. Die Firma Martin Engineering aus Walluf übernahm die neue Technik von ihrer amerikanischen Muttergesellschaft. Den Anlagenbau vergibt Martin Engineering an IHNEN-AURICH. Gemeinsam haben die Unternehmen bereits drei Luftgurtförderer samt maßgeschneidertem Stahlbau nach Malaysia exportiert.
Auf einem Luftbett zum Ziel
Die Vorteile der druckluftunterstützten Gurtförderanlage sind ebenso kurz- wie langfristig wirksam. Die verschleiß- und wartungsarme Technik ist leiser und verbraucht zudem erheblich weniger Energie als herkömmliche Förderanlagen. „Im Grunde funktioniert das wie bei einem Luftkissenboot“ beschreibt Werksleiter Bleeker die Technik. „Das Förderband läuft nicht auf Rollen, sondern in einer gelöcherten Wanne, durch die von unten Luft gegeben wird. Der Luftdruck hebt das Band an und es schwimmt dann sozusagen auf dem erzeugten Luftkissen. Reibung und Verschleiß werden minimiert.“ Was außerdem die Lärmbelastung reduziert. Weiterhin positiver Effekt für die Umwelt: „Der Luftgurtförderer verbraucht etwa 50 Prozent weniger Energie, weil für den Antrieb nun keine 240 Meter langen Stahlketten mehr durch die Gegend gezogen werden müssen“ erklärt Hans-Jürgen Bleeker.
In Emden gab es zunächst noch Hindernisse zu überwinden. Mario Döring, Montageleiter von Martin Engineering: „Ein Knackpunkt der Konstruktion war die große, baulich bedingte Steigung, denn anders als ein Trogkettenförderer schafft ein Luftgurtförderer maximal eine Steigung von 17 Prozent“ Doch das Problem konnte gelöst werden. Ein Teil der Kellerdecke wurde demontiert, wodurch die Förderstrecke zugunsten einer geringeren Steigung verlängert werden konnte. Außerdem wurde auf der Strecke eine Knickstelle mit einem Gurtspannsystem eingegliedert. Wichtig, um die notwendige Gurtspannung zu erreichen, ohne die eine gleichmäßige Luftschicht unter dem Förderband nicht machbar wäre.
Sportliche Abwicklung
Kurzfristige Entscheidungen und die Vorgabe, den Kraftwerksstillstand auf das notwendige Minimum zu beschränken, waren eine weitere Herausforderung für die beteiligten Unternehmen. STAHLBAU IHNEN-Projektleiter Johann Eden: „Die größte Herausforderung war für uns das enge Zeitfenster. Das war schon knackig.“ Genau zwei Wochen standen dedm Stahlbauunternehmen vom 25.08. bis zum 07.09. für Demontage und Neuinstallation zur Verfügung. Dafür, das alles gut geklappt hat, gab es Lob vom Kraftwerksleiter: „Die ganze Abwicklung war schon sehr sportlich. Die IHNEN-Mitarbeiter haben sehr zielstrebig, zügig und sicher gearbeitet.“
Seit drei Monaten ist die neue Luftgurtförderanlage in Betrieb und alles läuft rund. Nun soll das e-on Kraftwerk mit weniger wartungs- und sanierungsbedingten Stillstandszeiten mehr Energie erzeugen – und die Altholzschnitzel gut gepolstert hinauf in den Brennkessel schweben.